Ballonfahren

Mit heißer Luft gen Himmel
Text: Claudia Arthen

Glück ab und gut Land, rufen die Helfer, während der Pilot die Sicherungsleine löst, die die 30 Meter hohen Stoffblase am Boden hält. Gelassen zieht er an einem unscheinbaren Hebel über seinem Kopf und schon schießt eine zwei Meter hohe, 1600 Grad heiße Stichflamme gewaltig fauchend in die rote Nylonhülle. Sanft hebt der Heißluftballon vom Boden ab und steigt mit vier Metern in der Sekunde dem Himmel entgegen. Allmählich weicht die Anspannung aus den Gesichtern der Mitfahrer. Sie stehen schweigend und staundend im 130 mal 115 Zentimeter kleinen, aus Weiden geflochtenen Korb.

Mit dem Experimentieren der Gebrüder Montgolfier vor 223 Jahren hat die Ballonfahrt von heute nicht mehr viel zu tun. Dennoch: “Jede Fahrt ist ein kleines Abenteuer”, sagt Andreas Heck vom Ballon-Club Kinzig in Langenselbold. “Ich weiß nie genau, wo ich hinkomme und lande, jedes Mal herrschen andere Wetterverhältnisse, und da der Wind in verschiedenen Höhen variiert, muss ich mich immer kurzfristig auf seine Launen einstellen”

Mit etwa 400 Fahrstunden im Korb ist Heck ein erfahrener Pilot, der natürlich weiß, dass Ballonfahren nur außerhalb der Thermikzeiten möglich ist. “Thermik bedeutet Aufwinde oder böige Winde, wie sie vor allem im Frühjahr und Sommer während der Mittagszeit deutlich spürbar sind”, erklärt er. Diese Winde machen es dem Piloten schwer, den Ballon kontrolliert in der Luft zu halten oder zu landen. Deshalb werden zum Ballonfahren die zwei Stunden nach Sonnenaufgang oder vor Sonnenuntergang genutzt. “Dann sind die Winde meist schwach und gleichmäßig”, sagt Heck.

Kein kalter Windzug schmälert das luftige Vergnügen im Korb. Von den Geräuschen am Boden ist nichts mehr zu hören. “Ein Heißluftballon ist genauso schnell wie der Wind”, bricht Heck das andächtige Schweigen. “Steuern lässt er sich nur nach oben und unten, indem man den Brenner öffnet und schließt.” Der in Rodgau lebende Ballonfahrer weiß eine Menge über sein Hobby zu erzählen und beantwortet geduldig die Fragen seiner Gäste. “Warum fährt ein Ballon und fliegt nicht?”, lautet die am häufigsten gestellte. Für die Antwort muss Heck ein wenig ausholen, in die Anfangszeit des Ballonfahrens, als sich die Menschen den Luftraum und das Medium Luft wie ein Meer vorstellten. Sie glaubten, ein Ballon könnte über Segel oder Ruder steuerbar gemacht werden, und sie übernahmen für die neue Erfindung den aus der Seefahrt gebräuchlichen Wortschatz. Entfernungen werden auch heute noch in nautischen Meilen ausgedrückt, Geschwindigkeiten in Knoten.

Kaum hat Mutter Erde ihre Ausreißer wieder, muss jeder Fahrgast auf die Knie gehen. Ein Haarbüschel wird mit dem Feuerzeug angesengt und mit einem Schluck Sekt gelöscht. Danach erhebt Heck die Neulinge in den Standt der Blaublütigen und verkündet ihnen, dass sie jetzt stolze Besitzer des mit dem Ballon zurückgelegten Luftraums seien - auch wenn es, wie in diesem Fall, noch nicht einmal zehn Kilometer sind.

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